Dies ist der zweite Beitrag zum achtgliedrigen Pfad nach Patanjali. Im ersten Beitrag habe ich dir einen Überblick über die acht Glieder gegeben. In diesem Beitrag gehe ich auf den ersten Punkt näher ein.
Das erste Glied: Yama – Die Fünf Enthaltungen
Im Yoga gibt es gewisse „Regeln“ zur Selbstdisziplin, die einem dabei helfen, ein wahrhaftiges, authentisches und liebevolles Leben zu leben. Diese Ethik wird in den ersten beiden Pfaden beschrieben und dient als Basis, als Fundament für das Leben auf dieser Erde. Yamas sind gewisse Regeln, die einem die Ethik im Umgang mit anderen lehrt.
1 – Ahimsa: Gewaltlosigkeit
- Unschuldig und nichts Böses ahnend durchs Leben schreiten
- Anderen nichts Böses anhaben wollen
- Respekt vor allem Lebenden
- Nicht töten
- Sich als Teil des Ganzen sehen
Solange wir nicht verstehen, dass wir ein Teil des Ganzen sind, werden wir nicht aufhören, andere zu verletzen und unsere Lebensgrundlage – Mutter Erde – zu zerstören. Wir Menschen sind Teil des Ökosystems auf diesem Planeten. Wie kann es sein, dass wir unsere eigene Lebensgrundlage zerstören? Wir haben vergessen, uns als Teil des Ganzen zu sehen. Wir töten in Massen Tiere, um noch mehr Lebensmittel zu produzieren und werfen gleichzeitig 1/3 der Lebensmittel in den Müll. (1,3 Milliarden Tonnen essbare Lebensmittel unnötigerweise weggeworfen)
Es wird „heimlich“ geschimpft und gelästert über unsere Mitmenschen und wir glauben, dass dies keine Auswirkung auf uns und unser Leben hat. Alles was wir tun, hat Auswirkung. Es wird Zeit, dass wir lernen, wahrhaftig liebevoll und mitfühlend zu sein.
2 – Satya: Wahrhaftigkeit – Meiden von Unwahrhaftigkeiten
- Ehrlichkeit, Offenheit
- Authentizität
Lügen oder sich zurücknehmen oder die Wahrheit verdrehen, um es den Anderen recht zu machen oder besser dazustehen? Diese Verhaltensweisen kommen erschreckend oft im Alltag vor und ich persönlich tue mir mit diesem Verhalten extrem schwer. In meinem Leben gehört Wahrhaftigkeit und Authentizität zu den wichtigsten ethischen Prinzipien. Denn nur durch ehrliches und offenes Verhalten, ohne Ego, Kampf und Machtgehabe, können wir uns auf tiefer Ebene begegnen und ein Leben in Ausgeglichenheit realisieren.
3 – Asteya: Nicht Stehlen
- Dinge aus dem Besitz eines Anderen stehlen
- Gedanken und Ideen eines Anderen stehlen
- Jemandem die Zeit stehlen
„If you do not eat meat, you eat others mind“
Guru Vishnu Panigrahi
Stehlen wird bei diesem Punkt nicht nur mit materiellen Dingen assoziiert, sondern auch mit den Ideen oder Gedanken von anderen Personen.
4 – Brahmacharya: Selbstbeherrschung – Enthaltsamkeit
Ein Leben führen, das sich auf Brahman konzentriert. Ein Leben führen, das auf das Absolute ausgerichtet ist.
Wozu dient Sex? Dem Stillen von Lust? Dem Ausleben von Phantasien? Der Fortpflanzung? Der Vereinigung? Der Erleuchtung? Etwas zu Unterdrücken fühlt sich in meiner Welt auf alle Fälle nicht richtig an.
Zitat zum Thema Enthaltsamkeit aus dem Buch „Die Macht der Seele als Erlebte Wirklichkeit“ von Roy Eugene Davis. In diesem Buch erläutert der Autor die Aphorismen des Patanjali.
„Durch Enthaltsamkeit werden Energien erhalten und in die richtigen Bahnen gelenkt. Enthaltung bedeutet Beherrschung und rechte Verwendung der zur Verfügung stehenden Kraft.
„Die Macht der Seele als Erlebte Wirklichkeit von Roy Eugene Davis
Aha, wir sollen also lernen, die Energien zu lenken und die Energien richtig zu verwenden. Diese Energie, die im unteren Bereich unserer Wirbelsäule sitzt, wird Kundalini Shakti genannt. Im Linke-Hand-Tantra (Vama Marga) wird durch sexuelle Aktivitäten die Kundalini Shakti erweckt. Beim Rechte-Hand-Tantra (Dakshina Marga) wird sie durch Meditation, Konzentration, Atemübungen und Körperübungen erweckt. Ziel von beiden Praktiken ist die Lenkung der Kundalini von der Wurzel der Basis hoch zum dritten Auge, wo sich Shiva und Shakti vereinigen und wir daraus folgend mehr Kreativität, mehr Energie und mehr Ausgleich erleben dürfen.
Sexualität soll somit als Mittel zur Einswerdung für mehr Harmonie im Leben verwendet werden. Und natürlich zur Fortpflanzung, falls ein Kinderwunsch vorhanden ist. Auf keinen Fall soll Sex zur Sucht werden. Die intime sexuelle Beziehung zwischen Paaren soll nicht zum Stillen von Lust verwendet werden, sondern zur Lenkung der Energien um bewusster, achtsamer und liebevoller durchs Leben zu gehen.
5 – Aparigraha: Nicht Empfangen – Nicht Annehmen – Unbestechlichkeit
- Nur das annehmen, was angemessen ist.
- Nur so viel besitzen, wie gebraucht wird.
- Kein Geschenk annehmen, wenn wir uns danach zu etwas verpflichtet fühlen.
Hand aufs Herz, welche materiellen Dinge sind in deinem Besitz, die du in Wirklichkeit nicht brauchst? Was könntest du wegwerfen, herschenken, spenden oder verkaufen? Frage dich beim nächsten Mal shoppen, was du wirklich brauchst, bevor du es kaufst? Oder kannst du es gebraucht kaufen? Immer mehr und mehr sammeln sich materielle Gegenstände, die Dachböden oder Keller sind voll mit Dingen, die wir seit Jahren nicht mehr brauchen. Entledige dich, befreie dich, mach dich frei…
Quellen: